Leben mit MS

Mit dreißig Jahren schon in Rente gehen? Na ja, ich wäre lieber weiter arbeiten gegangen, aber selbstständig sein und weiterhin jeden Tag im Blumengeschäft stehen oder eher sitzen, war dann mit Multiple Sklerose doch nicht drin. Dennoch hielt ich fünf Jahre durch, mit allem Stress des Unternehmertums. :-) Zum Schluss habe ich die Blumen im Rollstuhl sitzend gebunden. Aber es war mein Traumjob und ich würde immer wieder genauso entscheiden. Diese Zeit, die Anerkennung durch die Kunden und die Freude am kreativen Arbeiten unter eigener Verantwortung hat mir wahnsinnig viel Freude gebracht.

Mittlerweile sitze ich viel am Computer, bemale Keramikfiguren zum Verschenken oder für einen guten Zweck. Da bei mir hauptsächlich die Beine betroffen sind (und dafür gibt es 'nen Rolli) suchte ich mir Aufgaben für Kopf und Hände. So lebte ich meine "soziale Ader" aus und gab Nachhilfe in Englisch ehrenamtlich im Namen der Caritas. Nun wagte ich mich an ein neues Projekt: Eine Homepage für das Kinderdorf in Töplitz. Einige Zeit ging ins Land und ich bin stolz, jetzt eine Homepage ohne Fertigprogramme bauen zu können. Wenn es auch lange dauert und sich immer wieder Fehler einschleichen. Auch im 21. Jahrhundert fallen Meisterinnen nicht vom Himmel, wenn sie auch so aussehen!

Nebenbei, da ich ein Faible für Sprachen habe, lernte ich an der Abendschule noch norwegisch, um mich mit Freunden besser verständigen zu können. Außerdem macht es Spaß, wenn man dann noch ein wenig Dialekt der Fremdsprache kann, die Einheimischen zu verblüffen: In Norwegen wollte ich mich in einem Blumenladen umschauen. Die Verkäuferin fragte mich in norwegisch natürlich, ob sie etwas für mich tun könne. Im perfekten Slang antwortete ich ihr: "Nein, danke. Ich verstehe kein norwegisch. Ich spreche nur deutsch!" Ein wenig zweifelnd hat sie mich schon angesehen! Als ich es norwegischen Freunden erzählte, haben die sich bald weggeschmissen vor Lachen. Denn perfekt bin ich wirklich noch lange nicht.

Seit nunmehr 15 Jahren habe ich MS und mit der Zeit haben wir uns arrangiert - die Krankheit und ich.
Jede Menge Therapien probierte ich aus. Damit es hier nicht so lang wird, gibt es die Odyssee gesondert.
Angefangen von Betaferon über Immungloboline bis hin zu Rebif. Jetzt bekomme ich aller 6-8 Wochen Cortison ins Rückenmark gespritzt und seit vier Jahren geht es mir nicht schlechter.
Eher im Gegenteil: Meine Feinmotorik hat sich verbessert. Angefangen hat man damit in der Sauerlandklink Hachen und ich bin echt froh, dass es mir so viel bringt.